Projekt 3 – Fraunhofer IGCV, RWTH Aachen

Entwicklung eines flexiblen eigenschaftsgeregelten Reckschmiedeprozesses

Geplant sind neue PDE-basierte Regelungskonzepte zur Stabilisierung optimaler Trajektorien. Dabei werden strukturmechanische Gleichungen linearisiert und in charakteristische Variablen transformiert.  Dies ermöglicht eine Herleitung von Lyapunov-Funktionen, welche eine Schranke an Störungen darstellen. Die hergeleiteten algebraischen Feedback Regelungen sind unabhängig von der Diskretisierung. Existierende eindimensionale Resultate sollen auf mehrdimensionale Modelle erweitert werden und die Robustheit des Reglers bezüglich unsicherer Parameter soll untersucht werden.

Ergebnisse der 1. Projektphase

In Phase eins konnte gezeigt werden, dass

(1) auf Basis von Lyapunovfunktionen aus dem umformtechnischen Anfangsrandwertproblem eine explizite Regelvorschrift hergeleitet werden kann, die ein exponentiell schnelles Abklingen von Störungen bewirkt,
(2) die entwickelte Regelvorschrift nicht von der gewählten Diskretisierung abhängt,
(3) die Herleitung der expliziten Regelvorschrift auf unsichere Zustände erweitert und ein beweisbar robuster und performanter Regler erhalten wird,
(4) ein hybrides Mikrostruktur- und Fließspannungsmodell bestehend aus einem physikalischen Modellrahmen und neuronalen Netzen prinzipiell in der Lage ist, die Mikrostrukturentwicklung im Werkstück zu beschreiben,
(5) das Modell mit Hilfe von Partikelfiltern online an neue Messdaten angepasst werden und so in die Zukunft extrapolieren kann (Beobachter),
(6) dass Softsensoren auf Basis von Werkstückregionen mit erfüllter Zielmikrostruktur mit Level-Set Methoden entworfen werden können (Ergebnis aus BA4253/12- 1) und
(7) der hergeleitete Regler gemeinsam mit dem Partikelfilter in einem einstufigen Flachstauchprozess im sowohl in der Simulation als auch im Experiment implementiert und validiert werden konnte.

Somit wurde der Nachweis erbracht, dass die Globularisierung im Werkstück geschätzt und durch die Regelung auch bei Störungen die Zielwerte erreicht werden. Die Eigenschaftsregelung blieb bislang noch auf den Werkstückrand und somit auf homogen umgeformte Materialvolumina beschränkt.

Ziele der 2. Projektphase

Auf Basis der Ergebnisse aus Phase eins werden für die zweite Phase folgende Ziele definiert

  1. Entwicklung eines eigenschaftsgeregelten Reckschmiedeprozesses mit lokaler Erwärmung
  2. Untersuchung eines neuen Reglerkonzepts auf Basis der Dynamik des Zero-Level-Sets der zu
    regelnden eigenschaftsbestimmenden Mikrostrukturvariablen
  3. Klassifikation regelbarer Mikrostrukturzustände für Reckschmiedeprozesse
  4. Entwicklung eines Softsensors auf Basis einer datengetriebenen Vorhersage der Abweichung des Zero-Level-Sets von der Referenztrajektorie als Funktion von Stell- und Störgrößen
  5. Kombination von Regelvorschrift und Softsensor/Untersuchung der Stabilität des Gesamtsystems
  6. Experimentelle Validierung anhand der Regelung der Globularisierung im Mehrfachhub

Entsprechend der im Erstantrag beschriebenen Zielsetzung und der erzielten Ergebnisse konzen­trieren sich die Arbeiten der 2. Phase auf das eigenschaftsgeregelte Reck­schmieden in mehreren Hüben.
Der Teilantrag von M. Bambach beschäftigt sich mit der Vorhersage der Mikrostruktur­ent­wicklung im Werkstück auf Basis von Level-Set-Formulierungen und rekurrenten neuronalen Netzen (Softsensor), mit der Echtzeit Co-Simulation des Softsensors und mit der praktischen Realisierung und Untersuchung der Eigenschaftsregelung des Reckschmiedens.
Der Teilantrag von M. Herty beschäftigt sich mit der mathematischen Analyse und der Untersuchung geeigneter Regler, die im Umformprozess einsetzbar sind. Ein Schwerpunkt bildet die Herleitung neuer Regler, die die Eigenschaften der zugrundeliegenden nichtlinearen PDEs ausnutzen und damit beweisbar stabil sind sowie in der Klassifikation regelbarer Zustände.
Außerdem soll mit gitterunabhängigen Reglern gearbeitet werden, die die Beobachtbarkeit berücksichtigen und stabil gegen Variationen in der unbekannten Mikrostruktur sind. Umformtechnische und mathematisch-regelungstechnische Fragestellungen sind in verschiedenen Aspekten eng verknüpft.

Gefügeveränderung durch den Reckschmiedeprozess in der Simulation und im Experiment
Gefügeveränderung

Kontakt

Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV
Projektleiter: Prof. Dr.-Ing. Markus Bambach
Projektbearbeiter: Rui Li, M.Sc. – rui.li@igcv.fraunhofer.de

Institut für Geometrie und Praktische Mathematik der RWTH Aachen
Projektleiter: Prof. Dr. Michael Herty
Projektbearbeiter: Dr. Ferdinand Thein

Veröffentlichungen

  • Bambach, M., Gerster, S., Herty, M. (2021) Online data assimilation of a hybrid flow stress model by particle filtering, CIRP Annals, accepted.
  • Bambach, M., Imran, M., Sizova, I., Gerster, S., Herty, M. (2021) A soft sensor for property control in multi-stage hot forming based on a level set formulation of grain size evolution and machine learning, Advances in Industrial and Manufacturing Engineering, accepted.
  • Bambach, M., Gerster, S., Herty, M., Imram M. (2020) Feedback control for random linear hyperbolic balance laws, in revision for International Journal for Uncertainty Quantification, accepted.
  • Bambach, M., Herty, M., Imran, M. (2021) Feedback stabilization of forming processes, Submitted to 6th IFAC Workshop on Mining, Mineral and Metal Processing, accepted.