Geregeltes Projizierdrücken zur Herstellung von Bauteilen mit definierter Verfestigung
Ziel des Forschungsprojektes sind grundlegende Erkenntnisse über die Einsatzmöglichkeiten eines Multi-Sensor-Systems und zur Regelbarkeit der gezielten Produkteigenschaft Verfestigung beim Projizierdrücken.
Dafür ist es zunächst notwendig, den Zusammenhang zwischen relativem Vorschub und Verfestigung für das Verfahren Projizierdrücken zu charakterisieren, was wiederum die Herstellung von rotationssymmetrischen Bauteilen mit definierter Verfestigung (ΔkF) ermöglicht. Um den Prozess auf diese Weise zu beeinflussen, muss eine neue Regelungsstrategie erforscht, entwickelt und im experimentellen Einsatz geprüft werden.
Für die zu entwickelnde Regelungsstrategie werden zunächst mit Hilfe eines Multi-Sensorsystems während der Umformung (inline) magnetische Permeabilität (μr), Temperatur (T) und Blechdicke (s) nahe der Umformzone gemessen und ausgewertet. Aus den gemessenen Größen erfolgt im Millisekundenbereich die Berechnung des Umformgrads (φist) über einen Softsensor. Dieser wird mit einem definierten Umformgrad (φsoll) verglichen, welcher in Abhängigkeit der geforderten Kaltverfestigung bestimmt wird. Ein zugeschalteter Algorithmus übernimmt bei Abweichung die Regelung des relativen Vorschubes (Vrel) und beeinflusst damit direkt die Entstehung der gewünschten Bauteileigenschaften. Dies ermöglicht dem System weiterhin, während der Umformung auf äußere Einflüsse wie Chargenschwankungen, Unregelmäßigkeiten in der Blechdicke sowie auf Änderungen der Reibverhältnisse zu reagieren.

Ergebnisse der 1. Projektphase
Gesamtziel des Projektes innerhalb des SPPs ist die Herstellung von Blechbauteilen mit definierter Verfestigung durch Formdrücken. Dazu wurden in der ersten Phase die Grundlagen für die Entwicklung eines Multisensorsystems erforscht, welches die Messdaten für einen Softsensor bereitstellt. Mit dessen Hilfe wird im Prozess der Umformgrad am Bauteil gemessen und zur Regelung des Werkzeugvorschubes verwendet.
Innerhalb der ersten Projektphase wurde der Fokus auf die Messung der magnetischen Eigenschaften und die Weiterverarbeitung der Messdaten mittels Softsensor gelegt. Neben einer deutlichen Reduzierung der Sensorgröße konnte im Rahmen der Untersuchungen eine signifikante Verbesserung der Messgenauigkeit durch Abstands- und Verkippungskorrektur erzielt werden. Innerhalb der Untersuchungen wurde gezeigt, dass die Messung der Permeabilität und der magnetischen Anisotropie an ebenen Flächen durchführbar ist.
Weiterhin steht die Permeabilität im Zusammenhang mit dem Umformgrad und die magnetische Anisotropie mit dem Spannungszustand. Innerhalb der Untersuchungen wurde bereits eine kontinuierliche Messung durchgehführt und ein mathematisches Modell zur Bestimmung des Umformgrades anhand der magnetischen Eigenschaften entwickelt. Damit wurde der Nachweis der prinzipiellen Funktionsfähigkeit des Multisensors innerhalb der ersten Projektphase für ebene Flächen erbracht.
Ziele der 2. Projektphase
In der zweiten Phase liegt der Schwerpunkt auf der Signalverarbeitung innerhalb des Softsensors und der Integration in die Prozessregelung. Zudem wird die Bauteilkomplexität erhöht, indem die Messung an einfach gekrümmten (zylindrischen) Flächen erfolgt. Dazu werden Rohrhalbzeuge durch Drückwalzen umgeformt und für die Validierung des mathematischen Modells aus der ersten Phase verwendet.
Mit Hilfe einer Multiphysiksimulation wird außerdem die Verteilung des magnetischen Feldes zwischen Sensor und Bauteil untersucht und der Einfluss der Bauteilkrümmung analysiert. Weiterhin wird mit Hilfe eines FEM-Prozessmodells mit integriertem virtuellen Sensor die Sensorpositionierung und die Signalauswertung (örtlich und zeitlich) analysiert. Anschließend erfolgen experimentelle Untersuchungen an gekrümmten und rotierenden Bauteilen durch die Integration des Multisensors in die Drückmaschine, inklusive Schnittstelle zur externen Regelung des Werkzeugvorschubs. Abschließend erfolgt die experimentelle Validierung der Reglungsstrategie, indem erstmalig das eigenschaftsgeregelte Drückwalzen durchgeführt wird.
Kontakt
Professur Virtuelle Fertigungstechnik der Technischen Universität Chemnitz
Projektleiterin: Prof. Dr.-Ing. Birgit Awiszus
Projektbearbeiter: Robert Laue, M.Sc. / robert.laue@mb.tu-chemnitz.de
Fachgebiet Hybride Fertigung der BTU Cottbus-Senftenberg
Projektleiterin: Prof. Dr.-Ing. Sebastian Härtel
Projektbearbeiter: N.N.
Professur Mess- und Sensortechnik der Technischen Universität Chemnitz
Projektleiterin: Prof. Dr.-Ing. Olfa Kanoun
Projektbearbeiter: Frank Wendler, M.Sc. / frank.wendler@etit.tu-chemnitz.de
Veröffentlichungen
Wendler, F.; Munjal, R.; Kanoun, O.; Härtel, S.; Awiszus, B.: Vorrichtung und Verfahren zur Erfassung materialinterner mechanischer Zustände eines Werkstücks; amtliches Aktenzeichen: 10 2021 103 803.0; Tag der Patentanmeldung: 18.02.2021
Laue, Robert; Wendler, Frank; Härtel, Sebastian; Kanoun, Olfa; Awiszus, Birgit (2021): Analysis of stress influence and plastic strain on magnetic properties during the forming process. In: Advances in Industrial and Manufacturing Engineering 3, S. 100053. DOI: 10.1016/j.aime.2021.100053.
Wendler, Frank; Munjal, Rohan; Waqas, Muhammad; Laue, Robert; Härtel, Sebastian; Awiszus, Birgit; Kanoun, Olfa (2021): Eddy Current Sensor System for Tilting Independent In-Process Measurement of Magnetic Anisotropy. In: Sensors (Basel, Switzerland) 21 (8). DOI: 10.3390/s21082652.